16. Juni 2024
Jedes Mal nehmen wir uns vor, regelmässiger einen Blogpost zu schreiben. Doch deses Mal war es besonders schwierig. Nicht weil es uns nicht gut geht, sondern einfach nur das komplette Gegenteil: Wir kommen kaum dazu, die schönen Erlebnisse, spannenden Eindrücke, herzlichen Begegnungen und auch (meist schnell) gefahrenen Kilometer zu verarbeiten, geschweige denn in Worte zu fassen.
Alles startete in Qom, erneut heisse Temperaturen, viel Schweiss und Durst. Nächstes Ziel: Isfahan. Distanz: 305km, 2100hm. Drei Tage später erreichen wir Isfahan. Doch während dieser Zeit passierte so einiges…
Wovon man manchmal träumt, wenn die Sonne stark brennt, kaum ein Schattenplätzchen in Sicht ist und man die letzten Kilometer bis zum nächsten Dorf, kurz vor Kashan, so schnell wie möglich abradelt? Ganz klar, von einem Swimmingpool! Nun leider ist es wohl das Letzte, was man in einem kleinen und ruhigen Dorf im Iran erwarten kann. Weil wir nicht einmal einen Supermarkt fanden und so hungrig und durstig waren, genehmigten wir uns eine leckere Mahlzeit in einem kleinen Restaurant. Und dann, wie zufällig die Begegnungen im Iran so sind, wurden wir tatsächlich von einem Dorfbewohner in sein Wochenendhaus eingeladen. Ob man es glaubt oder nicht, mit Swimmingpool. Obwohl man eine Einladung zuerst ablehnen sollte, sagten wir gleich zu, der Mann schien es auch ernst zu meinen. Zu sechst hüpften wir in den Pool (Flavia mit T-Shirt und Shorts) und genossen den Nachmittag. Als wäre das nicht genug, wollte er uns unbedingt Kashan zeigen. Mit zwei Autos, seiner Tochter, seiner Schwester und dessen Mann besuchten wir die schöne Moschée, wieder einen Bazar und holten uns noch ein Falafelsandwich.
Am nächsten Morgen trennten sich Charles und Noé von uns, um eine Gravel-Bergroute bis Isfahan in Angriff zu nehmen, während wir zu viert die ‘normale’ Strecke fuhren. Kaum 5km gefahren, fuhr ein hupendes Auto an uns vorbei. Zwei Männer stiegen aus, redeten auf Farsi auf uns ein, drückten jedem eine Melone in die Hand, lachten, winkten, und fuhren weiter. Nachdem wir die Melonen (mit Mühe und Not) in unsere Taschen gepackt hatten, fuhren wir 10km weiter. Dann wurde David von einem Töfffahrer zum Anhalten aufgefordert. Und erneut wurden uns Melonen offeriert. Alle Bemühungen von David, dem netten Herr mitzuteilen, dass wir schon Melonen hätten, scheiterten. Und so fuhren wir mit 7 Melonen im Gepäck durch eine schöne gebiergige Landschaft, in Richtung einer Militärzone… Es folgte eine Pass- & Visakontrolle. Die Daten wurden aufgeschrieben, Telefone getätigt, wir aufgefordert, das Handy auszuschalten, in die Sperrzone hineinzukommen. Wir hatten zum Glück unseren Iranischen Freund Hossein mit dabei, der alles für uns regeln konnte. Dennoch war die Stimmung etwas angespannt. Wir warteten. Fragen wurden uns nicht viele gestellt. Das einzige was sie von Flavia wissen wollten, waren Informationen über die Schweiz; ob die Landschaft tatsächlich so grün sei, wie hoch der Lohn oder der Benzinpreis sei. Dann wurden unsere Flaschen mit kühlem Wasser aufgefüllt und eine Entschuldigung für das Warten ausgesprochen. Mit gemischten Gefühlen gings weiter. Wir trafen auf ein kleines Dörfchen mit wenigen Häuschen, brauchten erneut Wasser, etwas zu Essen. Ein Shop und etwa alle Bewohner des Dorfes versmmelt auf dem Vorplatz. Sie sprachen mit uns, stellten uns Fragen, wollten Fotos mit uns. Begegnungen mit Frauen sind besonders für Flavia sehr interessant und auch amüsant, weil sie oftmals den Kontakt mit anderen Frauen suchen. Und so war es auch in diesem Dorf. Die Frauen waren alle sehr gut gelaunt, waren unglaublich lustig und der Moment unvergesslich.
Die letzten 126km nach Isfahan waren streng, die Sonne und der Gegenwind erleichterte uns die Sache nicht. Müde kamen wir in der grossen Stadt an, suchten uns eine Bleibe für zwei Nächte, ruhten uns aus, wuschen, reparierten und erledigten, was es so zu erledigen gab. Auch ein Stadtbesuch liessen wir uns nicht entgehen, denn Isfahan ist sehr sehenswert. Am späten Abend nahmen wir eine Bus, welcher am Morgen um 4:30 Uhr in Shiraz eintraf. Auch in dieser Stadt besuchten wir den Bazar, die Moschéen, Restaurants sowie Persepolis, eine historische Stadt des persischen Reichs, etwa eine Taxifahrtstunde von Shiraz entfernt (Preis für 3 Personen ≈ 1.60 €). Am Abend ging es, gesättigt mit einem Falafelsandwich und einem Safran-Glacé auf den Nachtbus, zurück nach Isfahan. Mit geschwollenen Füssen kamen wir dort an, holten unsere Fahrräder (was dann doch nicht so rasch vonstattenging und mit viel Geduld und müdem Warten verbunden war). Dann gings endlich weiter, nach dem Motto: Nichts wie raus aus dieser Stadt!
Auch die kommenden Tage fuhren wir viele Kilometer, kamen gut voran, hatten mit viel Sonne und Gegenwind zu kämpfen. Seit es in Richtung Wüste geht, haben wir unseren Tagesrhythmus erneut angepasst. Angefangen mit Abfahrt um 6 Uhr, wechselten wir auf 5 Uhr oder sogar auf 4 Uhr. So können wir die beinahe unerträgliche Hitze umgehen. Wir fahren eine möglichst grosse Distanz am Morgen (manchmal mehr als 100km) und machen eine längere Pause über Mittag, bspw. in einem Stadtpark.
Einen Zeltplatz zu finden ist nicht sehr schwierig. Der grössten Herausforderung, welcher wir entgegenschauen mussten, war, dass man in der beginnenden Wüstenlandschaft kaum Windschutz findet. Und so kam es, dass wir von einem Gewitter inkl. Sturm überrascht wurden. Die Zelte hielten Stand, der Sandsturm ging aber weiter. Am Morgen erwachten wir mit sandiger Haut auf sandigen Matratzen in sandigen Zelten und als wäre dies nicht genug, krabbelten noch zwei Skorpione herum. Alles ging gut aus, wir fuhren los, hielten im nächsten Dorf, assen ein leckeres iranisches Omelette, fuhren weiter und kamen kurz nach Mittag und nach 120km in Khur an. Hier fanden wir ein schönes Guest House für zwei Nächte, in einem traditionellem Haus (Innenhof umgeben von unterschiedlichen Räumen und einer Aussensitzgelegenheit mit Kissen und persischen Teppichen). Wir geniessen die Pause, ruhen uns aus und erledigen wieder, was es so zu erledigen gibt.
Ausschlafen stand aber heute Morgen nicht auf dem Programm. Um 4 Uhr gings mit einem Auto auf in die Mesr Wüste. Der Besitzer des Guest House fuhr so schnell, in der Hoffnung, den Sonnenaufgang mitzuerleben, dass wir glaubten, die Autofahrt nicht zu überstehen. Der Schreck der Fahrt war gleich darauf vergessen: Der Spaziergang über die Sanddünen, der weite Blick über die Sandlandschaft sowie die Stille waren atemberaubend!
Ab morgen geht es auf durch die richtige Wüste, der Dasht e Kavir. Der Proviant ist gerichtet, das nächste Dorf erreichen wir erst übermorgen. Danach folgen zwischendurch immer wieder kleine Ortschaften, in welchen wir unsere Reisevorräte auffrischen können. Falls ihr nichts von uns hört, wird es (hoffentlich) nicht daran liegen, dass es uns nicht gut geht, sondern dass wir mit grosser Wahrscheinlichkeit schlechte bis keine Netzverbindung haben.