Tag 113 (6312km; 5 Pannen; Qom, Qom, Iran)

[Auszug aus einem klassischen Gespräch im Iran. Passiert so jedesmal innerhalb von 8 Sekunden, wenn wir irgendwo anhalten.]

„Salam!“
„Salam. Salam.“
Frage auf Perisch
„Ähhh, Autriche, Suisse!“
„Ah Autriche! Ohhhh Suisse!! Suisse beautiful!!“
Frage 2 auf Persisch
„Ähh, Isfahan, then Maschad, then Turkmenistan.“
Frage 3 auf Persisch
„Ähh, no Farsi, sorry.“
„Ah, no Farsi.“ Lächeln, Hand aufs Herz
„Welcome to Iran!“
„Mersi! Khoda Hafez.“

Tabriz verlassen wir nicht nur mit Pierre und Tiphaine, sondern auch mit Charles und Noé aus Belgien und Jean aus Frankreich. Wir radeln entlang schöner Landschaften und finden einen ruhigen Zeltplatz an einem Stausee. In der Nacht wird es tatsächlich noch ein (wahrscheinlich letztes Mal im Iran) kalt und das Zelt nass. Am nächsten Tag haben wir 85km, aber immer leicht abwärts, bis zur nächsten Stadt vor uns. Leider haben wir Gegenwind. Das heißt für Noé und Charles jedoch ganz und gar nicht, dass man nicht schnell ans Ziel gelangen kann. Die Beiden sind extrem fit, es wird vollgas gegeben und sich im Windschatten abgewechselt (Charles und Noé bleiben durchschnittlich 2-3 Minuten vorne, David 20 Sekunden). So kommen wir nach 2 Stunden und 75 km bei einem kleinen Shop an. Es dauert nicht lange, werden wir vom lokalen Großbauer zum Mittagessen und zu einer Dusche eingeladen. Dann fahren wir noch 10km nach Meyaneh und stellen unsere Zelte im Stadtpark auf.
Am Morgen trennen sich die Wege von Pierre & Tiphaine und uns frühzeitig, sie beschließen in die Berge zu fahren und wir entscheiden uns, mit den anderen Drei in Richtung Isfahan aufzubrechen. Wir fahren durch schon sehr wüstenähnliche Landschaften und die Temperaturen werden immer heißer. Deshalb gewöhnen wir uns auch einen neuen Tagesrhythmus an: Um 04:45 Uhr klingelt der Wecker und ab 06:00 Uhr wird solange Fahrrad gefahren, bis es zu heiß wird. Wir befürchten, der Punkt, an dem es zu heiß wird, könnte weiter im Süden um 06:15 Uhr sein.
Vor einigen Tagen kommen wir nach 40km in einem Dorf an. Jean versucht bei einem Bankomat Geld abzuheben und die Karte wird eingezogen. Natürlich hat die Bank zu – es ist Freitag (wie Sonntag bei uns). Ein Irani erfährt von der Situation und es wird sich direkt um alles gekümmert: Wir bekommen Essen, einen Schlafplatz in der Moschee, Gesellschaft und können die Kreditkarte am nächsten Tag abholen. Gespräche klappen nun auch besser, denn seit der Stadt Zanjan begleitet uns der iranische Bikepacker Hossein, der uns auf dem Weg nach Maschad, seiner Heimatstadt begleitet.
Von der Bank aus sind es noch 350km nach Qom, dem nächsten Ziel. Dass wir das in drei Tagen schaffen werden, daran glaubt zu dem Zeitpunkt wohl niemand von uns. Der Wind steht gut, Steigungen sind oftmals angenehm und langsame LKW‘s sind perfekt, um sich festzuhalten.
Eine Nacht verbringen wir in einer alten und etwas zerfallenen Karawanserei im nirgendwo. Man kann sich mit ein bisschen Fantasie noch gut vorstellen, wie die Karawane ankam und sich an diesen Orten ausruhte. Das wir an einer so historischen Stätte einfach unsere Zelte aufschlagen können ist schon ziemlich cool. Die Kammern haben außerdem immer noch ihre kühlende Wirkung.

Gestern stehen wir dann um 11:30 Uhr, nach 130km und 4 Stunden auf dem Fahrrad in Qom. Bisher waren 100km für uns ein großes Tagesprojekt, jetzt scheint es, als wär es ein gemütlicher Vormittagsspaziergang (ok, evtl. ein wenig übertrieben). In Qom lebt Hossein‘s Bruder mit seiner Frau, die uns ganz selbstverständlich ihre vornehme Wohnung überlassen (schlafen währenddessen in einem Haus der Eltern – unglaublich!!) und erwarten uns schon mit Essen. Hier bleiben wir zwei Nächte und erkunden heute noch die Stadt. Es gibt einiges zu sehen, Qom ist nach Maschad die zweitheiligste Stadt im Iran.

Danach geht es weiter in den Süden, wo uns jetzt Highlight um Highlight erwartet: Kashan, Isfahan, Schiras, Yazd und dann durch die Wüste nach Maschad. Die Motivation und der Spaßfaktor ist momentan sehr hoch, das Reisen in der Gruppe ist genial. Gerade im Iran teilt sich so auch manchmal die Aufmerksamkeit, die wir bekommen, auf uns alle auf, was in erschöpften Momenten extrem gut tut. Stand jetzt werden wir fast den gesamten Iran zu 6. durchqueren und uns erst wieder in Maschad trennen.

Um diesen Blog abzurunden, bietet sich eine Situation aus einem kleinen Dorf bestens an. Oft wollen uns die Menschen mit Obst & Gemüse beschenken, bekochen und uns die Sehenswürdigkeiten in ihrem Dorf zeigen. So machten wir einen kleinen Ausflug mit dem Bürgermeister des
Dorfes und Ali, welcher einigermaßen gutes Englisch sprechen konnte. Sie zeigten uns ihre örtliche Wasserquelle, brachten uns Eis und Obst und offerierten uns ein Mittagessen und einen Schlafplatz. Wir wollten aber noch weiter und lehnten dankend ab, also mussten sie uns unbedingt noch eine Nachricht mit auf den Weg geben:“Please tell everyone back home that they should come to Iran. Iran is a nice place. We are no terrorists, we are not IS, we are friendly people. Please tell them.“

3 thoughts on “Tag 113 (6312km; 5 Pannen; Qom, Qom, Iran)”

  1. Sandra Gstrein

    Hi David und Flavia,
    Es ist so schön im Kopf mitzureisen. Beneide euch sehr um diese tollen Erfahrungen, auch wenn ich ehrlicherweise den Luxus zuhause nicht unbedingt gegen ein nasses Zelt und 1000e km treten eintauschen möchte. Aber euren tollen Erlebnisse und die herzliche Gastfreundschaft, auch in Ländern die medial meist nur negativ dargestellt sind, würde ich gerne erleben. Meine ganze Familie liest übrigens den Blog mit Begeisterung und selbst meinen Jungs erkläre ich regelmäßig, wo ihr gerade seid und was ihr erlebt. Bitte unbedingt fleißig weiterposten. Alles Liebe und Gute aus Tirol Sandra

    1. Flavia & David

      Hallo Sandra!

      Das freut uns wirklich sehr, dass ihr uns so gespannt verfolgt! 😊
      Wir sind auch begeistert von den Menschen und der Gastfreundschaft, vor allem hier im Iran, das ist unglaublich!

      Danke für deine lieben Worte
      Flavia & David

  2. Hi Flavia u. David,
    ich lese immer mit Begeisterung eure Reiseberichte. Die schönen Fotos und eure interessanten Bekanntschaften lassen mich gedanklich euer Abenteuer miterleben.
    Ich wünsche euch weiterhin eine schöne und abwechslungsreiche Reise und bleibt gesund!
    LG Elmar

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